Außer Gewichtsentwicklung und Kondition(serhalt), worüber Sie in der vorigen Ausgabe ausführlich haben lesen können, spielt auch die Milchabgabe einer Häsin eine wichtige Rolle, wenn es gilt, eine optimale Produktion zu erreichen. Damit eine hohe Produktion erreicht wird, soll die Häsin ausreichend Milch produzieren können, um den Jungtieren zu einem guten Start zu verhelfen. Glücklicherweise sorgt die Natur dafür, dass der Start des Milchflusses hormonal angeregt wird. Der Aufbau der Milchproduktion dagegen hängt von verschiedenen Faktoren ab, so wie Kondition, Management und Ernährung.
Eine Häsin verfügt von Natur aus über ungeheure Kräfte, welche die Milchproduktion anlaufen lassen. Außer der Fähigkeit, beim Start bereits eine beträchtliche Milchmenge zu produzieren, hat das Kaninchen in den vergangenen 15 Jahren in diesem Bereich einen riesigen genetischen Fortschritt erzielt. Aus der Literatur (Maertens et al. 2006) geht hervor, dass sich die Milchproduktion eines Kaninchens am 2. Tag in der Laktationsphase im Vergleich zu vor 15 Jahren sogar verdoppelt hat. Dort, wo ein Kaninchen am 2. Tag im Jahr 2006 im Schnitt 100 ml Milch pro Tag abgegeben hat, gibt eine Häsin heutzutage am 2. Tag im Schnitt etwa 200 ml und am 6. Tag sogar 300 ml pro Tag ab. Weil der Start der Milchproduktion hormonalbedingt ist, ist dies bei allen Paritäten gleich.
Das Kaninchen vom Jahrgang 2021 verlangt wegen dieser enormen Entwicklung denn auch eine andere Vorgehensweise in Bezug auf Ernährung, Futterstrategie und Management als vor 15 Jahren. Victoria Mengvoeders hat ihre Futtermittel und Ratschläge – basierend auf Untersuchungen – durch die Jahre hindurch kontinuierlich geändert, so dass die Häsinnen ihre Potenz immer optimal haben nutzen können. Auch was Gesundheit und Produktion betrifft, gilt es nach wie vor, das Futter und die genetische Potenz optimal aufeinander abzustimmen.
Was sofort bei den Untersuchungsergebnissen ins Auge fällt, ist die Tatsache, dass die Häsinnen mit einem ersten Wurf im Vergleich zu Häsinnen mit mehreren Würfen weniger Milch abgeben. Dies lässt sich dadurch erklären, dass eine Häsin beim Erstlingswurf noch Energie für ihre eigene Entwicklung und ihr eigenes Wachstum braucht. Dadurch kann weniger Energie für die Milchproduktion aufgewandt werden, so dass diese spärlicher ausfällt. Alle anderen Häsinnen geben daraufhin genauso viel Milch ab.
Tabelle 1: Milchabgabe Tag 2 und Tag 6
Tabelle 2: Milchabgabe je Wurfnummer
Die Häsin baut die Milchproduktion bis zu einer Spitze auf, woraufhin die Milchproduktion danach wieder abfällt. Diese Spitze liegt bei etwa 19 Tagen nach dem Wurf und verläuft parallel zum Moment, wo die Jungtiere auf Festfutter umgestellt werden. Die ersten 19 Tage leben die Jungtiere nur von Muttermilch und je nachdem die Milchproduktion der Häsin nachlässt, schalten sie im zügigen Tempo auf Festfutter um. Die Spitze bei 19 Tagen lässt sich logisch erklären, da das Kaninchen mittlerweile wieder trächtig ist und daher mehr Energie in die Entwicklung ihrer ungeborenen Früchte und den Erhalt bzw. die Erholung ihrer Kondition steckt.
Für den Aufbau der Milchproduktion soll die Ernährung der Häsin rund um den errechneten Wurftermin und während der Laktationsperiode optimal sein. Die Kondition der Häsin ist dabei ein unbedingtes Muss für einen problemlosen Verlauf der Geburt und eine gute Futteraufnahme während der Laktation. Rund um den Wurftermin und während der Laktation spielt auch die Wasseraufnahme eine wichtige Rolle, damit eine ordnungsgemäße Futteraufnahme, Verdauung und Milchproduktion erreicht wird. Laktierende Häsinnen müssen ca. 1 Liter Wasser pro Tag aufnehmen.
Auch Management spielt eine bedeutende Rolle beim Aufbau der Milchproduktion. Wenn eine Häsin zu wenig Herausforderungen in Sachen Milchproduktion bekommt (lies: wenn zu wenig Jungtiere unterlegt werden), dann wird dies den Milchaufbau beeinträchtigen. Es ist daher von Bedeutung, dass die Häsinnen – indem ihnen ausreichend Jungtiere unterlegt werden – maximal beim Aufbau der Milch stimuliert werden.
Zusätzlich zur Vorgehensweise, wobei Jungtiere umgelegt bzw. einer Ammenhäsin untergeschoben werden, spielt auch die Nistkastenstrategie, namentlich das Säugen, eine wichtige Rolle. Es ist von Vorteil, dass Jungtier 1 Mal am Tag 15 Minuten trinken zu lassen und den Nistkasten danach wieder zu verschließen.
Wenn wir den Verlauf und den Aufbau der Milchproduktion einer Häsin mit dem einer Sau und einer Kuh vergleichen, dann sei hier als bemerkenswert erwähnt, dass ein Kaninchen bezogen auf das Körpergewicht eine große und gehaltvolle Milchmenge erzeugt. Beim Schwein sehen wir in den vergangenen 15 Jahren genauso wie bei Kaninchen eine kräftige Entwicklung der Ferkelproduktion und damit der Milchabgabe.
Tabelle 3: Vergleich der täglichen Milchabgabe, Fett- und Proteinproduktion während der Laktation zwischen hochproduktiven Kaninchen, Kühen und Sauen (2006).
* Praxisuntersuchung ‘Milchabgabe im Vergleich zur Gewichtsentwicklung von Häsinnen’, Victoria Mengvoeders 2021
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